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Thailand: Paradies – oder Vorhof zur Hölle? – Über den „Trade of shame“ mit Hunden

„Nur wenige Länder haben so vielfältige Attraktionen zu bieten wie Thailand. Herrliche Strände, einsame Berglandschaften, ­romantische palmengesäumte Klongs und Flüsse, vor Waren ­berstende Shoppingcenter und eine der raffiniertesten Küchen der Welt. Dazu kommen anmutige Tempel und imposante Ruinenstädte." So klingt die Einleitung eines Reiseveranstalters über ­Thailand. Was jedoch kaum jemand weiß ist, dass in diesem Land der „Trade of shame" (Handel der Schande) beginnt – ein grausamer ­illegaler Handel mit Hunden zwecks Gewinnung von Hundefleisch. Es ist ein Millionengeschäft, um die vietnamesische Nachfrage nach Hundefleisch zu befriedigen. Und das, was die Hunde dafür an Grausamkeit und Todesqualen erleben müssen, ist fern jeglicher ­Vorstellung. Der Druck von Hundefreunden weltweit könnte jedoch etwas zum Positiven bewegen. Esther Geisser, Präsidentin von NetAP (Network for Animal Protection), über den „Handel der Schande" in Thailand.

Tai liegt in seinem Bettchen und träumt. Wovon er wohl träumt? Ab und zu zucken seine Pfoten. Auch die Schnauzhaare zittern. Er wimmert im Schlaf. Und doch scheint er ganz entspannt. Tai ist ein glücklicher Hund. Zusammen mit seinem Menschen Nina genießt er sein Leben in vollen Zügen. Am ­glücklichsten ist er, wenn er im Schnee herumtollen kann. Das findet er ­klasse. Kaltes Wetter stört ihn nicht, Hitze mag er weniger. Spielen und Leckerli Er­gattern, das ist seine Welt. ­Alleinsein findet er furchtbar. Aber seine Nina achtet schon darauf, dass das kaum vorkommt. Es ist schon toll, so ein Hundeleben.

Das Leben von Tai wäre eigentlich schon längst Geschichte. Tai ­wurde vor über einem Jahr Opfer einer Hunde­schmuggler-Bande in Thailand. Der kleine Rüde wurde eingefangen und hätte auf einem Lastwagen, zusammen mit Hunderten weiterer Hunde, nach Vietnam geschmuggelt werden sollen, um als Delikatesse zu enden. Tai hatte Glück. Die ­Royal Thai Police hatte den Transport gestoppt und die Hunde beschlagnahmt. Und von diesem Moment an hielt Tais Glückssträhne an: Nina, eine ­Schweizer Volontärin, die gerade bei der thailändischen Tierschutzorganisation Soi Dog arbeitete, verliebte sich sofort in den Vierbeiner. Die Liebe war gegenseitig. Und so beschloss Nina, diesem jungen Hund die Chance ­seines Lebens zu geben.

Ein Hundeleben in Thailand ist eigentlich gar nicht so schlecht. Meist leben die Vierbeiner frei auf den Straßen, auch wenn sie Besitzer haben. Ähnlich unseren Freigänger-Katzen ­genießen sie diese Freiheit, pflegen soziale Kontakte, ergattern Essen und suchen sich ihre Ruheplätze an den verrücktesten Orten. Im Allgemeinen sind die Menschen nett zu den Hunden. Manch einer nimmt sich sogar die Zeit für ein paar Streicheleinheiten. Es könnte also durchaus paradiesisch sein, ein Leben als Hund in Thailand, gäbe es im Schatten von Tourismus und Industrie nicht einen illegalen Handel mit Hundefleisch. „Handel der Schande" (Trade of Shame) nennen die Tierschützer das illegale Geschäft. Jahr für Jahr werden Tausende von Hunden eingefangen und nach ­Vietnam verschleppt, um dort grausam geschlachtet zu werden.

Royal Thai Police mit Herz
Dieser Hundehandel verstößt in Thailand gegen zahlreiche Vorschriften. Schon das Einfangen der Tiere erfüllt oft einen Straftatbestand. Viele Tiere haben Besitzer und sind durch Halsbänder als Privattiere erkennbar. Auch die Tötung bzw. die Ausfuhr aus dem Land ist illegal. Dennoch wurde lange nichts dagegen unternommen. Vor zwei Jahren gelang es, den Druck auf die Behörden zu erhöhen. Eine ­große Razzia, bei der fast 2.000 Hunde gerettet wurden, war der Auslöser. Heute können dank der guten Zusammenarbeit mit der Royal Thai Police und zahlreichen verdeckten Ermittlern laufend Schmuggler ausfindig gemacht und die Hunde beschlagnahmt werden.

Die Lager sind voll, es fehlt an allem
In den Auffanglagern in ­Khemmarat, Nakhon Phanom, Buriram und Thong Pha Phum befinden sich bereits ­Tausende von Hunden. Tausende von Hunden, die dringend ­medizinische Versorgung, Futter, Impfungen, ­Operationen und Zuneigung brauchen. Die Behörden sind mit der Situation überfordert. Die Verwalter fordern, dass keine weiteren Beschlagnahmungen mehr stattfinden. Die Sterberate in den Lagern ist hoch. Doch für die Tierschutzorganisationen NetAP – Network for Animal Protection – und Soi Dog Foundation, die an vorderster Front gegen diesen illegalen Handel kämpfen, kommt das nicht in ­Frage. Denn gerade darauf spekulieren die Händler, die durch die Arbeit der ­Tierschützer große Verluste erleiden.

Die Station in Nakhon Phanom ist die einzige mit einem vom Staat finanzierten Tierarzt. Das kleine Spital ist voll. Viele Tiere sind verletzt, viele sind krank. Es braucht dringend zusätzliche Medikamente, mehr Personal und vor allem weitere Tierärzte. In den anderen Lagern ist die Situation genauso schlimm. Die Ansteckungsgefahr ist riesig. NetAP und Soi Dog finanzieren laufend Impfdosen für alle Neuankömmlinge. Unterstützt wurden sie dabei schon zweimal von der österreichischen Tierschutzorganisation Robin Hood. Es gibt kein staatliches Geld für die Tiere. Jeden Monat versuchen die Tierschutzorganisationen aufs Neue, Geld für Futter und Medizin aufzutreiben. Jeden Monat bangen sie aufs Neue, ob das Geld reicht. Oft reicht es nicht.

Ein Millionengeschäft
Das Zentrum des illegalen Hundehandels in Thailand liegt im Norden des Landes, in der Stadt Ban Tha Rae in der Provinz Sakon Nakhon. Dort gibt es zahlreiche Hundeschlachthöfe. Hundefleisch wird öffentlich an Marktständen angeboten. Das ist ungewöhnlich für Thailand, denn die meisten Thais essen kein Hundefleisch. Dennoch – in dieser Provinz hält die Mehrheit der Bevölkerung am traditionellen ­Hundefleischhandel fest. Das schmutzige Geschäft funktioniert nicht zuletzt, weil viel Schmiergeld fließt. Für die Beteiligten ist der ­illegale Handel ein Millionengeschäft. Die Strafen sind gering: Kurze Gefängnisstrafen oder Geldstrafen erwarten die Gefassten.

Der Weg in die Hölle führt über den Fluss
Das Millionengeschäft ist unvorstellbar grausam: Die Hunde ­werden auf Bestellung gesammelt, oft ­gestohlen und dann irgendwo versteckt ge­lagert. In Eisenkäfigen bis zur Un­beweglichkeit zusammen­gequetscht werden sie schließlich auf Fahrzeuge verladen. Ohne Wasser, ohne Futter, mit fremden Artgenossen, ohne die Möglichkeit, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, in großer Hitze oder bei Regen werden sie bis ans Ufer des Flusses transportiert. Die Käfige werden dabei hoch gestapelt, die Exkremente der oberen Tiere fallen auf die unteren, einige werden die Reise nicht überleben.

Am Fluss Mekong warten die viet­namesischen Käufer mit ihren ­Booten. Sie wählen die kräftigeren Tiere aus und verladen sie in ihre ­Boote. Über Laos werden diese ­Tiere ­weiter nach Vietnam gebracht, wo sie ­schließlich in den Kochtöpfen landen. Die ­schwächeren werden ausgesondert und von thailändischen Hundeschlächtern umgebracht, um sie auf dem lokalen Markt zu ver­kaufen. Das ­Quälen der Tiere, das vom Verbrennen, Überbrühen bis zum Lebendig-Häuten reicht, verursacht die Ausschüttung von Adrenalin, was das Fleisch schmackhafter und zarter machen soll. Die Tiere erleben eine dauernde Hölle bis zu ihrem qual­vollen Tod. Und es kann nur eine Lösung geben: Dieser Handel muss gestoppt werden!

Druck auf Thailand
Durch den weltweiten Druck wird Thailand endlich mehr gegen das Leid der Tiere unternehmen müssen. Demnächst wird international ein Film über diesen illegalen Handel erscheinen. Der Produzent Environment Films hat bereits im Vorfeld einen Filmpreis dafür gewonnen. Zudem läuft eine Petition und im Parlament wurde der erste Entwurf für ein Tierschutzgesetz besprochen. Thailand ist ein ­beliebtes Urlaubsziel, aber sein Image ist angeknackst. Die Regierung Thailands muss über kurz oder lang Verantwortung übernehmen. Bis es soweit ist, versuchen die Tierschützer weiterhin, so viele Hunde wie möglich zu retten und ihnen ein anständiges Leben zu er­möglichen. Dafür brauchen NetAP und Soi Dog jedoch internationale Hilfe.

Tai ist inzwischen aufgewacht und schaut Nina an. In seinen Augen leuchtet Dankbarkeit – und der Wunsch nach einem Snack. Tai ist ein zufriedener Hund. Er hatte großes Glück. Und wenn Tierfreunde auf der ganzen Welt aufstehen und protestieren, dann ­werden auch die Hunde in Thailand wieder glücklich sein können.

INFORMATION

Machen Sie Druck!
Schreiben Sie an die thailändischen Botschafter und drücken Sie Ihre Sorge und Ihren Zorn über den „Trade of shame", den Hundehandel für vietnamesische Kochtöpfe aus. Und verlangen Sie Unterstützung für die Hunde-Auffanglager in ­Khemmarat, Nakhon, Buriram und Thong Pha Phum.

A: Her Royal Highness
Princess Bajrakitiyabha
Weimarer Straße 68
1180 Wien
(Mail: embassy@thaivienna.at)

D: Mrs. Nongnuth ­Phetcharatana
Lepsiusstraße 64/66
12163 Berlin
(general@thaiembassy.de)

CH: H.E. Mrs. Arbhorn ­Manasvanich
Kirchstrasse 56
3097 Liebefeld bei Bern

HINTERGRUND

NetAP – Network for Animal Protection
NetAP – Network for Animal ­Protection ist eine international ­tätige Tierschutzorganisation mit Sitz in der Schweiz. Neben Programmen für sogenannte Nutztiere setzt sich NetAP insbesondere gegen das Leid von Straßentieren ein. Jedes Jahr werden Tausende von Hunden und Katzen durch NetAP kastriert. Mit der thailändischen Partner­organisation Soi Dog Foundation arbeitet NetAP seit Jahren eng zusammen. Im Herbst 2011, als Thailand die schlimmste Flutkatastrophe erlebte, arbeiteten 13 NetAP-Tierärzte vor Ort, um den vierbeinigen Flutopfern beizustehen und Soi Dog zu unterstützen. Alle Beteiligten bei NetAP arbeiten ehrenamtlich. Administrative Kosten wie Miete, Büromaterial und Druckkosten zahlt der Vorstand oder ein Sponsor. So kommt jede Spende vollumfänglich den Tieren zugute.

■  www.netap.ch

■  www.soidog.org

■  www.tradeofshame.org

Unter www.facebook.com/netap.ch finden Sie jeweils die aktuellen Ereignisse zum Thema.