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Neuauflage Tierschutzgesetz

Viel Rauch um nichts? Die Novelle zum Tierschutzgesetz 2017 wird heftig diskutiert. Schon im Vorfeld sind dazu an die 660 Stellungnahmen beim Bundesministerium eingelangt. Aber was verursacht denn nun diese Aufregung? Der Nationalrat hat dieses Jahr eine Novelle des Tierschutzgesetzes beschlossen, und zwar mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS. Sie enthält unter anderem ein Verbot privater Tierinserate auf Online-Plattformen. Künftig bedürfen alle wirtschaftlichen Tierhaltungen einer Bewilligung.

Konzentriert man sich nun auf den Hund als Haustier, wie es Hundezeitungen nun einmal tun, dann zeigt sich schnell, dass vor allem ein Thema für heftige Diskussionen sorgt: Privatpersonen dürfen keine Tiere mehr auf Internetplattformen anbieten. Darüber wird am meisten und am erbittertsten gestritten. Aber ist das wirklich so neu? Eigentlich nicht, denn schon seit einigen Jahren ist der öffentliche Handel mit Tieren verboten. 2014 zitiert der ORF Kärnten: „… Der Tierschutzverein Villach verweist auf das Bundestierschutzgesetz, das einen privaten, behördlich nicht genehmigten Verkauf von Tieren ­verbietet. Dazu zählen vornehmlich Hunde und Katzen, aber auch Nager und Reptilien. Landwirtschaftliche Nutztiere sind von diesem Verbot ausgenommen. Ein Inserat kann sehr teuer werden, drohen doch Strafen zwischen 3.750 und 7.000 Euro.

Damals gab es keinen Aufschrei. Viele Tierschützer schienen dieses Verbot eher zu begrüßen. 2015 äußert sich Ursula Bauer von der Plattform Aktion Tier dazu. Sie verweist darauf, dass massenhaft Hunde, Katzen und Kaninchen, aber auch exotische Wildtiere und Reptilien über das Internet feilgeboten werden. Sie merkt auch an: „Der im ­Internet weitestgehend unkontrolliert mögliche internationale Handel mit lebenden Tieren ist in vielen Fällen tierschutzwidrig. Hinzu kommt, dass sich illegale oder betrügerische Angebote im ­Inserate-Dickicht kaum von seriösen Anzeigen unterscheiden lassen. Am Ende sind die Leidtragenden nicht nur die betroffenen Tiere, sondern oft auch die arglosen Käufer.“ Damit hat sie nicht unrecht und sie steht mit ihrer Meinung nicht alleine da. Noch 2016 gibt es viele Kritiker des Internethandels mit Tieren. Tierschützer versuchen diesem ein Ende zu bereiten. 2017 kommt das Gesetz und damit das Ende des Internethandels mit Tieren für Privatpersonen – und der Proteststurm.

Ausgelöst wurde der Protest vermutlich durch die Erkenntnis, dass nun kleine private Vereine oder Einzelpersonen ohne behördliche Genehmigung ­keine Tiere mehr inserieren dürfen und damit auf den Tieren sitzen bleiben. Die Plattform „Neuestierschutzgesetz“ sagt ­dezidiert Nein zum neuen Tierschutz­gesetz 2017. Ihr Hauptargument ist, dass private Tierschützer nun vor dem Aus stehen würden Die Tiere würden ab sofort auf der Straße landen, die genehmigten Tierschutzhäuser hätten keine ausreichenden Kapazitäten, um die vielen Tiere aufzunehmen. Die Empörung ist groß. Man spricht sogar von der Möglichkeit, dass es auch in Österreich nun Tötungsstationen geben müsse.

Aber ist diese Aufregung gerecht­fertigt?
Eher nein, denn das Verbot ist nicht neu, nur kleine private Tierschutzorganisationen, Vereine oder Einzelpersonen fühlten sich von diesem Verbot nicht angesprochen, denn es gab ja noch das Internet, wo man Tiere vermitteln konnte. Das geht nun nicht mehr. Das neue Gesetz stellt den Internethandel ab, auch für private Tierschützer. Es scheint, als ob sich die einschlägigen Onlineplattformen daran halten werden. Das ist bitter für jene, die sich zwar nie um Genehmigungen oder behördliche Anerkennung, dafür aber um Tiere gekümmert haben. Was auch wegfällt, sind Pflegestellen, die selbst vermittelten. Allerdings gibt es eine Übergangsfrist bis 2018, also können jene, die es ernst mit dem Tierschutz meinen, die behördlichen Auflagen erfüllen oder sie können Kooperationen mit Tierheimen oder Züchtern eingehen, welche auch weiterhin per Internet Tiere anbieten dürfen. Für Privatpersonen, die ihr Tier aus nachvollziehbaren Gründen abgeben müssen, wird der Gesetzgeber hoffentlich eine Ausnahmeregelung finden, für Fälle, wo Alter oder Erkrankung des Tierhalters ein Abgabegrund ist, gibt es diese ja schon.

Ministerin Pamela Rendi-Wagner betont, dass das Gesetz zwei Jahre lang sehr gut und intensiv vorbereitet wurde. Sie sagt auch, dass es in sehr enger Zusammenarbeit mit dem Tierschutzrat entstand. Es war wohl auch ein Gesetz, das vielen verschiedenen Interessen gerecht werden musste. Ein Schritt in die richtige Richtung scheint das Gesetz durchaus zu sein. Vielleicht kennt der Tierschutzrat seine „schwarzen Schafe“, jedenfalls ist es kein Geheimnis, dass nicht jeder Verein die Interessen der Tiere im Fokus hat. Es gab berechtigte Kritik, dass Hunde massenhaft nach Österreich verbracht wurden. Es war bekannt, dass sogenannte ­Pflegestellen zu viele Hunde aufnahmen. Auch Animalhoarding-Fälle sind im Zuge des Tierschutzes passiert. Der Fall von Vroni Sch. in Oberösterreich ist noch frisch genug, um als mahnendes Beispiel für falsch gelaufenen Tierschutz zu stehen. Kontrolle ist daher wichtig. Dazu war es notwendig, die Position der Amtstier­ärzte und der Tierschutzombudsstellen zu stärken, das tut das neue Gesetz. Auch der Zuchtbegriff wurde neu formuliert. Die berühmten „Hoppala-Würfe“ sind nun kein Kavaliersdelikt mehr und die daraus entstandenen Welpen werden ohne Internet schwer zu vermitteln sein.

Nicht ganz von der Hand zu weisen sind allerdings die Probleme, die für herren­lose Tiere entstehen. Die aktuellen offiziellen Tierschutzhäuser sind voll, es gibt kaum Kapazität für neue Schützlinge. Der Wiener Tierschutzverein (WTV) lässt seinen Pressesprecher ausrichten, dass Tierheime nun als Sündenböcke für den „Gesetzespfusch“ herhalten müssten, obwohl sie selbst kaum Raum, Personal und Geld zur Verfügung hätten. Die Presseaussendung vom WTV liest sich jedenfalls wie eine glatte Absage an das Gesundheitsministerium und an Pamela Rendi-Wagner. Die privaten Vereine, manchmal Ein-Frau-Vereine, tun ebenfalls ihren Unmut kund. Auf sie kommen große Veränderungen zu, wollen sie sich an die neuen Erfordernisse anpassen. Prüfungen stehen an, es müssen passende Betriebsstätten geschaffen werden. Das kostet Geld und Zeit. Das neue Gesetz unterscheidet genau zwischen Tierasyl, bzw. Gnadenhof, also Einrichtungen zur dauerhaften Verwahrung von herrenlosen und fremden Tieren, und Tierheimen. Auch die Tierpension wird im neuen Gesetz genau definiert. Die genaueren Regeln betreffen Mindestanforderungen in Bezug auf Ausstattung, Betreuung und Ausbildung des Personals.

Den einzelnen Tieren wird das neue Gesetz wohl gut tun. Ein weiterer Eckpunkt der Novelle ist nämlich, dass Tierschutzombudspersonen mehr Rechte und damit mehr Möglichkeiten bekommen. Es wird eine klarere Regelung der Rechtspersönlichkeit der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz geben. Das eröffnet neue Möglichkeiten, wenn es notwendig wird Menschen zu stoppen, die sich zwar als Tierschützer ausgeben, aber keinen echten Tierschutz betreiben. Es wird vermutlich auch dazu beitragen, dass Fälle von Animalhoarding seltener werden. Es gab im privaten Tierschutz immer wieder Fälle, wo Menschen über die Zeit viel mehr Tiere aufnahmen, als sie versorgen konnten. Auch das hat zu Dramen geführt, für die Menschen und für die Tiere.

Spezialisierte Vereine, wie zum Beispiel „Behinderter Hund na und“ werden Möglichkeiten finden. Auch jene Vereine, die sich mit ihrer Hilfe auf bestimmte Rassen spezialisiert haben, können in Kooperationen mit Zuchtvereinen eben dieser Rassen neue Wege gehen. ­Schwieriger wird es für jene, die sich dem Auslandstierschutz verschrieben haben. Es wird nicht einfach werden, Kooperationspartner zu finden, die ihre Tiere vermitteln. Für Vermehrer bedeutet das Gesetz praktisch das Aus, jedenfalls in Österreich.

Perfekt ist das Tierschutzgesetz noch immer nicht, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird bis 2018 vermutlich noch einige Nachbesserungen geben. Tierschutz ist nicht statisch. Der Einsatz für Tiere braucht dynamische Rahmenbedingungen, die sich anpassen können, dafür muss es einen fortlaufenden Diskurs geben zwischen jenen, die jeden Tag direkt mit den Tieren arbeiten, und jenen, die Gesetze machen. Was nicht passieren soll, ist, dass Tiere zum Politikum werden, so wie es jetzt die Grünen tun, die mit ­einem traurigen Retriever gegen das neue Tierschutzgesetz wettern.

Den genauen Wortlaut des neues Gesetzes können Sie unter folgendem Link nachlesen:
www.wuff.eu/tsg2017

Pdf zu diesem Artikel: tierschutzgesetz_österreich