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Alf – ein „Laborbeagle" kämpft sich durch

Was huscht da über den Waldweg? Braun-weiß! Blitzschnell! Auch Bobtail ERIC schaut gespannt auf das wieselflinke Etwas, welches von einer Seite zur anderen flitzt. Beim Näherkommen löst sich das Rätsel, denn am Ende eines langen Strickes biegt ein freundlicher Herr um die Ecke. Und plötzlich steht das „Wiesel" vor ERIC und wedelt mit einer stolz hochgereckten Rute den riesigen Fellberg freundlich an. Mein Bobtail schaut ein wenig verdutzt, akzeptiert den friedlichen kleinen Kerl, kurze Begrüßung, dann wendet sich der prächtige Beagle wieder den wichtigeren Dingen des Lebens zu: Schnüffeln, Spuren suchen und das Gebüsch erkunden.

Als Welpe ins Versuchslabor
Schnell kommen wir Hundehalter ins Gespräch, und so erfahre ich mitten auf einer Kreuzung im Wald fast alles aus Alfs bisher noch so kurzem Leben: Geboren am 4.9.1998, dann mit wenigen Wochen ins Labor eines Pharma-Betriebes, angeblich Tests mit Floh- und Wurm-Mitteln, dann Vermittlung durch den Tierschutzverein Wermelskirchen (NRW), der sich rührend um „ausgediente" Labor-Beagles kümmert, Aufnahme in die besonders tierfreundliche Familie Jancke in Flensburg am 10.1.2000, nachgeholte Kindheit und Jugend mit all’ der notwendigen Prägung und Sozialisation, die nun einmal einem Hund unter Laborbedingungen fast völlig fehlen.
Alf muss nun alle diese Phasen im Zeitraffer durchlaufen, aber sehr behutsam geführt von seiner Familie: Eroberung der Umwelt, Entdeckung einer vorher nicht gekannten und wohl in seiner kleinen Hundeseele nie erahnten Freiheit, Interesse für „das andere Geschlecht" und dessen Dämpfung durch die leider notwendige Kastration, herrlichstes Familien-Schmuseleben, sowie Hunde- und Katzenfreundschaften.

Eine Geschichte für WUFF
Selbst ERIC ist von diesem freundlichen Wirbelwind begeistert, der da durch „sein" Waldrevier tobt. Es ist klar: Das wird eine Geschichte für unsere WUFF-Leser und -Leserinnen, denn Alf beweist, dass selbst Laborhunde in kundigen Händen noch ein wundervolles Hundeleben führen können. Wir tauschen unsere Adressen aus und verabreden uns für einen „Hausbesuch". Auch ein echter „Jagdhund" muss sich einmal ausruhen und braucht seine Streicheleinheiten! Das ist ein schöner Tag für jeden Tierfreund, wenn er von so einem Hundeglück eines ehemaligen „Sträflings im Dienst der Wissenschaft" erfährt.

Wo ist der „Haken"?
Nur: Irgendwo musste doch da „ein Haken" bei dieser Geschichte sein!? Gibt es das, eine solche ungetrübte „Erfolgsstory"? Wir sind schon im Auseinandergehen, da fällt noch – wie heutzutage leider unvermeidlich bei Begegnungen unter Hundefreunden – eine Bemerkung zur all gegenwärtigen Hundefeindlichkeit. Und da ist er, dieser Wermutstropfen in Alfs scheinbar ungetrübtem Glück: Ich erfahre so beiläufig noch, dass dieser so zauberhafte, zutrauliche kleine Hund nur um Haaresbreite mit dem Leben davon gekommen ist. Nur das beherzte Eingreifen seines Frauchens und die ziemlich halbherzigen und hilflosen Versuche des unverantwortlichen Halters einer „scharf" gemachten Hündin haben ihn vor dem Schlimmsten bewahrt.

Bei Alf zu Hause
Endlich kommt der Tag, an dem ich Alf besuchen darf. Er wohnt mit seiner Familie sehr idyllisch in einer romantischen Ecke der Altstadt in einem gemütlichen Häuschen, das er sich mit Frauchen Helene, Herrchen Olaf, Sohn James Benjamin und drei wunderschönen Katzen teilt. Und da ist Alf! Freundlich, aber ein wenig zurückhaltend. Von dem Wirbelwind aus dem Wald ist nichts mehr zu spüren. Brav legt er sich neben Herrchen in seine Kuschelecke und verfolgt unser Gespräch aufmerksam. Und so erfahre ich an diesem Nachmittag, wie Familie Jancke überhaupt auf den „Laborhund" kam, wie behutsam Alf das Leben außerhalb des Labors und seines Zwingers kennenlernen musste und wie er beinahe von einer Hündin aus der Nachbarschaft getötet worden wäre.

Liebe auf den ersten Blick!
Die Familie hatte ihren Hund einschläfern lassen müssen und wollte nun erst einmal keinen neuen haben, da der Schmerz noch zu tief saß. Aber eines Tages blickten zwei dunkle Augen in einer ganz banalen Frauenzeitschrift beim Friseur Frau Jancke direkt an. Da war es klar: Das ist er, unser neuer Hund! Und so nahm man Kontakt zum Tierschutzverein Wermelskirchen auf, der in der Zeitschrift auf die Not ehemaliger Laborhunde aufmerksam gemacht hatte. Und schließlich durfte die Familie Alf, der damals noch Hektor hieß, abholen. Es ist etwas ganz Besonderes, einen ehemaligen Labor-Beagle in das „normale" Leben einzuführen, und alle wussten, was da auf sie zukommen würde.

Angst vor der Farbe Weiß!
Das Zuhause wurde ganz behutsam erkundet und erobert, das dunkle Schlafzimmer diente häufig noch als Zufluchtsort. Als die erwachsene Tochter zu Besuch kam, floh Alf in den hintersten Winkel, bis sie ihren weißen Mantel ausgezogen hatte! War sie da wieder, die Erinnerung ans Labor? – Heute kann Alf, jedenfalls bei Herrchen, einen weißen Kittel sehen, ohne zu fliehen. Er traut sich nun wirklich in die Welt hinaus, nachdem er sich anfangs nur wenige Meter vom sicheren Haus entfernen mochte. Inzwischen kann er Treppen steigen und hinab laufen, erschrickt nicht mehr vor Schneeflocken oder einem fallenden Blatt im Herbst! Das alles hat die Familie sehr viel Geduld gekostet, die sie aber gerne für Alf aufgewendet hat. So hat er sich im Laufe der fast zwei Jahre zu einem wahren Prachtbeagle entwickelt, wunderbar bemuskelt, groß und kräftig!

Überfall!
Als Frauchen eines Tages mit Alf spazieren ging, schoss plötzlich Wanda aus dem hohen Gras hervor, stürzte sich ohne Vorwarnung auf Alf und tötete ihn beinahe. Der „Hundehalter" hatte sich nicht an die Auflagen gehalten, obwohl er wusste, dass seine Hündin für Artgenossen brandgefährlich war, und kam auch nicht für den verursachten Schaden auf (Operationskosten), war nicht einmal versichert! Die Hündin musste wegen ihres verantwortungslosen Halters, der sie „scharf" gemacht hatte, eingeschläfert werden. Ihm wurde die Hundehaltung untersagt. Alles nutzlos: Er bedrohte die Familie, weil sie Anzeige erstattet hatte, schüchterte die Zeugen ein und hat trotzdem einen neuen Hund, der aber nun auf den Namen seiner Lebensgefährtin läuft! Solche Halter haben uns alles eingebrockt! Wider Erwarten hat Alf trotz dieser Attacke sein freundliches Verhalten anderen Hunden gegenüber nicht verloren. Er ist eben ein Beagle und kann wohl nicht anders!

Freudige Begegnung im Wald
Nun schließt sich der Kreis, denn wo sie begann, soll unsere WUFF-Geschichte auch enden: In Alfs geliebtem Wald! Bei meinem Besuch hatten wir uns für einen Foto-Waldspaziergang verabredet. Die Freude war groß, als Alf uns sah! Endlich da! Beide Hunde konnten es kaum erwarten, den herrlichen Wald zu erkunden. Während ERIC als Nicht-Jagdhund mit seiner Flexi-Leine gut zurecht kommt, vermisste Alf seinen schönen langen Strick und sein Herrchen. Frauchen musste ihn leider an der Doppelleine mit dem Brustgeschirr führen, was Alfs unbändigen Bewegungsdrang doch bremste. Es dauerte eine ganze Weile, bis er akzeptierte, dass sein Auslauf weiterhin begrenzt sein würde.
Er schoss in seiner Entdeckungsfreude hin und her, schnüffelte hier, markierte und kratzte dort, und vergaß die übrige Welt um sich herum. Dabei wurde das Fotografieren zum Geduldsspiel: Kaum war er im Bild, da war er auch schon wieder weg. ERIC schaute sich das Gewirbel in Licht und Schatten mit stoischer Ruhe an. Für Alf war er jetzt sowieso erst einmal abgemeldet. Auf dem Rückweg ging es dann gemächlicher zu, so dass es doch noch zu einigen schönen Fotos von Pracht-Beagle Alf kam. Zum Abschied reckte Alf mir sein kleines Köpfchen entgegen und verabschiedete sich ganz behutsam mit einem Küsschen. Ein wahres Happy End für einen Laborbeagle.

>>> EIN HERZ FÜR HUNDE?

Hunde in Not

Vielleicht entdecken auch Sie Ihr Herz für einen Hund in Not, eventuell als Zweithund? Lesen Sie bitte auch den Artikel über den „Zweithund".
Weitere Infos über Hunde in Not auf der WUFF website www.wuff.at.

Auch in Ihrer Nähe gibt es einen dankbaren Hund, der sich nach einem glücklichen Zuhause sehnt.