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Hundezucht: Profit oder Gesundheit? Wenn Krankheitsdaten verheimlicht werden …

Ganz im Gegensatz zu den Aussagen vieler ­Züchter und Rassevereine ist die erbliche ­Epilepsie bei ­Rassehunden ein „immer größer werdendes Problem“, wie es in der wissenschaftlichen ­Veterinärliteratur heißt.
Dies zeigen auch die vielen Reaktionen auf die Reportage einer Züchterin in WUFF (3/2011) über diese Form der Epilepsie und ihre ­Erfahrungen damit, wie in Züchter- und ­Vereinskreisen mit diesem Wissen und mit Krankheitsdaten generell umgegangen wird. Krankheitsdaten sollen zurückgehalten oder nicht ernst genommen worden sein.
Das aber wäre in den Augen von Experten ein Vergehen an der Gesundheit von Hunden und könnte letztlich auch als  Betrug am Welpen­käufer angesehen werden.
Eine Diskussion über ein Tabu-Thema, die aber – neben aller Kritik – auch den Einsatz ­seriöser Züchter für die Gesundheit ihrer ­Rasse zeigt. Sie sind es, die Zuchtvereine ­kritisieren und ­Interesse daran haben, dass solche Informationen publik und Hunde­interessenten beim ­Welpenkauf kritischer werden.

Epileptische Krampfanfälle können durch Verletzungen oder verschiedene Krankheiten des Gehirns ausgelöst ­werden. Viel häufiger aber wird bei Hunden keine organische ­Ursache dafür gefunden. Diese Form der Epilepsie bezeichnet man als idiopathisch. Schon in den 1960er und 1970er Jahren wurden Häufungen dieser Epilepsie bei bestimmten Hunderassen festgestellt und daher eine genetische, also vererbbare Ursache angenommen (van der Velden 1968, Bielfelt 1971, Falco 1974). Neuere wissenschaftliche Arbeiten bestätigen diese Annahme (Hülsmeyer 2009). Die Häufigkeit der Epilepsie ist zudem weit größer als man bisher geglaubt hat. In einzelnen Rassen sollen bis zu fast 10% der Hunde davon betroffen sein (Berendt 2008).

Nicht mit „Epi-Hunden“ züchten!
Auch wenn der Erbgang noch nicht bis ins Letzte geklärt und auch noch nicht bewiesen ist, ob jede Form einer ­organisch nicht erklärbaren Epilepsie auch wirklich genetisch bedingt ist, so raten dennoch Experten dringend davon ab, mit „Epi-Hunden“ zu züchten. Andernfalls würde man das Risiko einer weiteren Ausbreitung dieser wahrscheinlichen Erbkrankheit in Kauf nehmen. Kein seriöser Züchter ­würde das wollen. So hat auch die Samojeden-Züchterin Anja Kläne ihre Zucht vorläufig beendet, als bei ihrer geliebten ­Hündin Gjoya nach Ausschluss aller möglichen Ursachen eine ­idiopathische Epilepsie diagnostiziert wurde. Über das ­persönliche Leid, das sie mit ihrer Hündin durchmachen musste, aber auch über das große Verschweigen dieses Themas in der offiziellen Hundezucht und bei Vereinen schrieb Anja Kläne in WUFF (Ausgabe 3/2011, S. 20 ff.) einen Artikel.

Wenn die WUFF-Redaktion dieses Thema bei der Artikelplanung noch für ein Spezialthema gehalten hatte, so wurde sie durch die vielen Reaktionen eines Besseren belehrt. Dies einerseits wohl durch die Häufigkeit der erblichen ­Epilepsie bei Hunden und andererseits durch die Kritik da­ran, wie manche Züchter und Rassehundevereine generell mit Krankheitsdaten umgehen. Dass hier ein Widerspruch der Interessen von Welpenabsatz und damit verbundenen finanziellen Einnahmen der Züchter (und durch deren Abgaben auch der Vereine) einerseits und den Interessen des Hundekäufers und des Hundes andererseits bestehen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Im Folgenden nun Auszüge aus einer teils emotional geführten Diskussion von WUFF-Leserinnen und -Lesern, darunter auch engagierte und besorgte Züchter.

Die erste Reaktion
Die erste Reaktion kam aus Kärnten. Die WUFF-Abonnentin seit der ersten Ausgabe vor 15 Jahren dankt für diesen Bericht, da ihr 6-jähriger Siberian Husky-Rüde an einer ­idiopathischen Epilepsie leidet:

„Ein herzliches Dankeschön für diesen Bericht über ­Epilepsie bei Hunden. Falls es diesbezüglich noch andere Lesererkenntnisse bzw. Reaktionen gibt, bitte ich Sie, ­weiterhin dieses sensible Thema im Auge zu behalten. Nach sofortiger Rücksprache mit der Züchterin meines Hundes (gleich zu Beginn der epileptischen Anfälle) erfuhr ich, dass sie in ihrer langjährigen Zuchterfahrung noch niemals mit derartigen Krankheitsbildern ­konfrontiert wurde. Mein Sib. Husky-Rüde ist inzwischen Gott sei Dank seit mehreren Monaten anfallfrei, möge es so ­bleiben!“
Elisabeth Schonefeld-Fheodoroff
A-9063 Karnburg

Epilepsie nicht verharmlosen
Auch zu den ersten Reaktionen gehört die IG Samojede, ein Zusammenschluss von Züchtern und Mushern aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich, deren Ziel die Förderung von gesunden und wesenskonformen Samojeden ist. Die Interessensgemeinschaft warnt davor, das Problem Epilepsie zu verharmlosen und fordert, betroffene Hunde sofort aus der Zucht herauszunehmen:

„Gerade bei Krankheiten wie Epilepsie mit den schweren Folgen für das Tier bei Ausbruch, kann es nicht darum gehen, abzuwarten, bis vielleicht mal ein 100%iger wissenschaftlicher Nachweis erbracht werden kann, sondern in erster Linie vielmehr darum, dass im Verdachtsfall respektive bei einer hohen Wahrscheinlichkeit der Krankheit, d.h. nach Ausschluss aller nachweisbaren Alternativ­krankheitsbilder, alle direkt betroffenen Zuchttiere ­präventiv sofort aus der Zucht herausgenommen werden. Ein Kernziel der Zucht muss doch die Gesunderhaltung und das Wohl der Tiere sein. Und genau dies wird unseres Erachtens sträflich vernachlässigt – obschon es gemäß den Zuchtreglementen durchaus die Möglichkeit (oder sogar die Verantwortlichkeit) dazu gibt. Es liegt an den Zuchtverbänden, rigoros Maßnahmen zu ergreifen und rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Wir stehen voll ­hinter der ­Courage von Frau Kläne (Anm. d. Red.: Autorin des erwähnten Epilepsie-Artikels in WUFF 3/2011, S.20 ff.), trotz potenzieller Anfeindungen den Fall ihrer Gjoya ­publik zu machen und die Sensibilisierung und das Wissen gegenüber der ­Epilepsie beim Samojeden, auch generell in der Hundezucht, zu fördern. Vehement distanzieren wir uns von jeglicher Verharmlosung der Krankheit sowie dem ­der­zeitigen Mobbing und der Schlechtrederei über die Veröffentlichungen in diesem Zusammenhang. ­Zucht­verbände sollten auch zu dieser Entwicklung ihre Verantwortung und Aufgabe wahrnehmen.“
IG Samojede
CH-8765 Engiwww.samojede.ch

Wissenschaftlicher Förderverein
Die österreichische Boxer-Züchterin Mag. Kerstin Piribauer sieht in Berichten, wie sie in WUFF publiziert werden, eine Chance für Veränderungen zum Wohle unserer Hunde, und weist auf einen wichtigen wissenschaftlichen Förder­verein hin, für dessen Gründung die Epilepsie maßgeblich war (www.hundeforschung.de):

„Herzlichen Dank für diesen wertvollen Artikel zur Epilepsie. Mit fundierten Informationen und Aufklärung können wir sicher nicht nur betroffenen Hunden und ihren Besitzern in mancher Hinsicht eine kleine Hilfestellung geben, sondern die beständigen Hinweise auf diese Krankheiten und ihre ursächlichen Zusammenhänge mit der Zucht sind unverzichtbar, um auch gerade hier Veränderungen zum Wohle unserer Hunde zu bewirken. So möchte ich auf den in Deutschland gegründeten und auch in Österreich präsenten „Förderverein für wissen­schaftliche Hundeforschung“ ­(www.hundeforschung.de)
hinweisen. Die Unterstützung der Erforschung der idiopathischen Epilepsie bei den verschiedenen Hunde­rassen war der Hauptgrund, diesen Verein 2010 ins Leben zu rufen. Mit seiner Arbeit werden wissenschaftliche ­Fakultäten und Einrichtungen unterstützt oder Studien angestoßen und gefördert, um Ursachen und verschiedene Erscheinungsformen u.a. von Epilepsie zu erforschen. Die Ergebnisse sollen der Früherkennung, der zweckmäßigen Therapie sowie der Entwicklung möglicher Zucht­strate­gien dienen, um die Krankheiten im Idealfall bereits mit dem genetischen Potenzial des Hundes auszuschließen. Eine Hauptaufgabe der Initiative besteht darin, die wissenschaftlichen Arbeiten mit dem wertvollsten ­Kleinod, ohne das keine erfolgreichen Studien durchgeführt werden können, zu unterstützen: den Blutproben! Mit einer Blutprobe für die Forschung kann jeder Besitzer, der seinem Hund helfend zur Seite steht, das Schicksal Epilepsie zu tragen, einen wertvollen Beitrag dazu leisten.“
(Anm. d. Red.: Siehe auch Artikel „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, in WUFF 9/2010)
Mag. Kerstin Piribauer
A-8312 Ottendorf
 

Epilepsie: „Flächenbrand“ in ganz Europa
Der ehemalige Vizepräsident des für Samojeden zuständigen Schweizerischen Klubs für Nordische Hunde (SKNH), Markus Schmid, sieht in dem Problem Epilepsie einen „Flächenbrand“ in ganz Europa, der möglicherweise in der Schweiz entzündet wurde. Dies, weil ein kranker Hund vermutlich wider besseres Wissen erneut in der Zucht eingesetzt worden sei. Wenn Rassezucht nicht einmal die eigenen Statuten einhält, wozu seien sie dann noch nötig, fragt der Samojedenzüchter aus dem Zürcher Oberland:

„Ich finde es gut, dass die Zeitschrift Wuff dieses ­Thema aufgegriffen hat. Epilepsie bei unseren Hunden darf man nicht unterschätzen. Es scheint sich ein richtiger „Flächenbrand“ in ganz Europa auszubreiten. Wir müssen jetzt handeln, sonst haben wir keine Kontrolle mehr über den Gesundheitszustand unserer Rassen. Unser Ziel ist es, gesunde Hunderassen zu züchten. Leider ist es so, dass sich die Rasseklubs bei solchen Geschehnissen sehr zurückhalten. Gute Rasseklubs haben in ihren Reglementen und Statuten klare Weisungen. Das richtige Handeln sollte in solchen Fällen gut dokumentiert sein. Wer Hunde züchtet und in einem Rasseklub Mitglied ist, anerkennt dessen Statuten und Reglemente. Die Aufgabe der Rasseklubs bzw. der Funktionäre ist es, genau diese Statuten und Reglemente zu befolgen, umzusetzen und deren Missbrauch zu ahnden. Aber was ist, wenn sich der Rasseklub nicht an diese Weisungen hält, nicht sofort handelt oder gar nichts unternimmt? Der Klub gibt durch sein Fehlverhalten einen „Freipass“ zur Zucht mit kranken Hunden. Für was sind eigentlich die Rasseklubs noch zuständig und brauchen wir sie noch?

Zum Artikel von Anja Kläne kann ich sagen, dass er den Tatsachen entspricht. Bei uns in der Schweiz haben wir auch kranke Hunde. Weil aber in unserem Fall der Rasse­klub sich sehr distanziert verhielt und nicht sofort nach den Regeln handelte, wurde in der Zwischenzeit der betroffene Hund erneut zur Zucht verwendet. Somit wurde der „Flächenbrand“ entzündet. Ich denke, dass ­diese Thematik nicht nur für Züchter sondern vor allem auch für Welpenkäufer, welche den FCI-Züchtern ihr Vertrauen schenken, von größter Bedeutung ist. Am allerwichtigsten erscheint mir jedoch, dass, nur wenn endlich offen über Hundezucht und deren negative Auswüchse gesprochen werden darf, eine Wende zum Besseren eingeleitet werden kann. Es wird ein langer Kampf werden für eine respektvolle und saubere Hundezucht!“
Markus Schmid
CH-8633 Wolfhausen
Karatayka Samoyeds

Vertrauen in Ehrlichkeit von Züchtern verloren:
Samojedenzucht beendet

Auch aus der Schweiz stammt der Beitrag von Jeanette Pulfer, die ihre Samojedenzucht zunächst beendet hat, weil sie glaubt, sich nicht mehr auf die Ehrlichkeit von Züchtern verlassen zu können. Sie will ihre vier Hündinnen nicht mehr der Gefahr aussetzen, sie mit Rüden zu verpaaren, die möglicherweise krank sind, aber deren Krankheitsdaten ihr verheimlicht werden:

„Es ist absolut vordringlich, endlich einmal die teilweise abstrusen Vorgänge in den Hundeklubs zu diskutieren. Wenn hohe Funktionäre die Stellung nur anzustreben und zu nutzen scheinen, um ihre persönlichen Wünsche zu legalisieren (Sonderbewilligungen, Zurückhalten von Informationen usw.), dann ist der Punkt erreicht, an dem man handeln muss. Es ist lobenswert von Anja Kläne, wie sie sich der unschönen Sache annimmt. Leider gehört dazu dann auch, von der Züchtergemeinschaft in Misskredit gebracht zu werden (wir kennen dies aus eigener Erfahrung). Es braucht viel Kraft, um der guten Sache willen durchzuhalten. In diesem Fall zeigen auch die Rasseklubs, dass sie nicht wirklich an der Verhinderung der Weiterverbreitung dieser Krankheit interessiert sind. Teilweise sind bei uns in der Schweiz Funktionäre mit der eigenen Zucht selbst betroffen, andererseits haben die Klubs Angst, Mitglieder zu verlieren. Deshalb bekommt jeder, der sich zur Wehr setzt, eins auf den Deckel und wird mit unlauteren Vorwänden von der Mitgliederliste gestrichen. Es kann, darf und soll nicht sein, dass unsere Hunde unter diesem Macht- und Geldstreben noch mehr zu leiden haben. Rassezucht heißt gesunde dem FCI-Standard entsprechende Tiere zu züchten. Der Klub muss dafür sorgen, dass erkrankte Tiere aus dem Zuchtgeschehen entfernt werden. Wir haben kein Vertrauen mehr in „die Ehrlichkeit der Züchter“ und auch nicht in die Kompetenz der Funktionäre gewisser Klubs! Anfügen möchte ich hier doch noch, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Doch die sind bei weitem in der Minderzahl.“
Jeannette Pulfer
CH-8307 Effretikon
Stellungnahme SKNH:
Restrisiko für traurige Befunde bleibt

Weil im Zusammenhang mit Krankheitsdaten immer wieder auch Rasseklubs kritisiert werden, hat WUFF den in der Schweiz für Samojeden zuständigen Schweizerischen Klub für Nordische Hunde (SKNH) um eine Stellungnahme gebeten. Erika Aegerter hat für die Zuchtkommission des SKNH Stellung bezogen. Sie dementiert die Vorwürfe und sagt, dass derzeit in der Schweiz kein an Epilepsie erkranktes Tier in der Zucht stehe und dass erbliche Epilepsie „glücklicherweise“ nur in „wenigen Fällen“ in Betracht zu ziehen sei. Diese Aussage steht aber im Widerspruch zur aktuellen veterinärwissenschaftlichen Literatur. Aegerter betont die Bedeutung züchterischer Maßnahmen, ein „Restrisiko für traurige Befunde“ würde es aber immer geben.

„Persönlicher, menschlicher Aspekt:
Epilepsie­anfälle (grands mals) bei einem Lebewesen miterleben zu müssen, ist für die meisten Menschen sehr schwierig, man sieht hilflos zu, wie das betroffene Lebewesen zuckt, sogar herumgeschleudert wird, wie ­Verletzungen geschehen usw. Diese Tatsache erschwert den sach­lichen Umgang mit dieser Krankheit sehr, sie beeinflusst auch die Denkweise über möglichst sofortiges Ein­greifen von Zuchtverbänden, die Rufe nach Zucht­verbot werden sehr schnell laut.
Aus dem Blickwinkel des Rasseklubs:
Alle uns bekannten Zuchtreglemente beinhalten ­Artikel zu Maßnahmen, die meist sofort zu treffen sind, wenn derartige Krankheiten auftauchen. Wer erkennt die Erkrankung? Als erstes der Halter des Tieres, dann vermutlich ein zu Rate gezogener Tierarzt. Nun liegt es ganz allein in der Verantwortung dieses Halters, die Erkrankung dem zuständigen Zuchtverband zu melden und sich dem Reglement zu unterwerfen, das in den meisten Fällen vorerst und bis weitere Untersuchungen erfolgt sind, das betroffene Tier von der Zucht ausschließt. Zurzeit steht dementsprechend in der Schweiz gemäß den uns zur Verfügung stehenden Angaben selbstverständlich kein an Epilepsie erkranktes Tier in der Zucht.
Leider ist die Ursache für Epilepsie nicht immer leicht herauszufinden, sehr viele Ereignisse (Operationen, Unfälle, Schockzustände, Krankheiten) können Epilepsie auslösen, in glücklicherweise wenigen Fällen muss auch eine erbliche Komponente in Betracht gezogen werden. Hier können Zuchtverbände, wenn ihnen ehrlich Auskunft erteilt wird (und nur dann!), mittels Ahnen- und/oder Nachzuchtuntersuchungen vielleicht bei der Ermittlung von Wahrscheinlichkeiten zur Vererbung der Erkrankung helfen. Diese Befragungen von Besitzern werden bei Bekanntwerden eines Befundes gemacht. Für den Rasseklub der Schweiz sind die in der Schweiz stehenden Hunde beinahe lückenlos erfassbar. Wenn bei solchen sehr aufwändigen Recherchen keine ­Häufung einer Erkrankung (Abweichung vom langjährigen Durchschnitt) beobachtet wird, ist das weitere Vor­gehen in den Reglementen genau so geregelt, wie wenn eine „betroffene Linie“ vermutet werden muss. Wie die einzelnen Besitzer nun mit dieser Information umgehen, ob sie bei geplanten Zuchteinsätzen den Besitzer des Zuchtpartners vorgängig über alle bekannten Befunde informieren, wie es eigentlich von den Reglementen verlangt wird, liegt in der Verantwortung der jeweiligen Hundebesitzer. Der Rasseklub gibt keine I­nformationen an Besitzer von Tieren weiter, die zum Fall keinen Bezug haben, wie auch wenn nach den klubinternen (normaler­weise Zuchtkommissionsaufgabe) Recherchen keine Hinweise auf eine erbliche Komponente gefunden worden sind. Solange wie für Krankheiten wie Epilepsie, wenn dann vererbt, man weder den genauen Erbgang kennt noch eine Untersuchungsmöglichkeit (bspw. Gentest) besteht, müssen wir mit der Tatsache leben, dass zwar hoffentlich jeder Welpe nach bestem Wissen und Gewissen gezüchtet wird, es jedoch immer ein Restrisiko für traurige Befunde geben wird.“
Erika Aegerter
Zuchtkommission SKNH, 3270 Aarberg (CH)

Epi-Forum für Hundebesitzer
Betroffenheit über den WUFF-Artikel findet sich im Beitrag von Beata Petry aus Schleswig-Holstein. Das schreckliche Erlebnis der Epilepsie bei ihrem Berner Sennenhund Louis, aber auch die Hilfe, die sie danach erfahren hat, waren für sie Anlass, ein „Epilepsie-Netzwerk für Hundebesitzer“ aufzubauen (www.epiforum.de). In ihrem Beitrag berichtet sie über die Gründe für ihr Engagement:

„Seit 15 Jahren lebe ich mit einem Rudel Berner Sennen­hunden zusammen, von denen einer Epileptiker war, mein Louis. Er fing im 2. Lebensjahr an, regelmäßig zu ­krampfen, allesamt Anfälle mit Bewusstlosigkeit, Rudern, Speicheln, verdrehten Augen – das ganze Programm. Das zu sehen, mit Hilflosigkeit, ist furchtbar, gerade beim ersten Anfall, wenn man nicht weiß, was da eigentlich passiert. Nach vielen Untersuchungen das Ergebnis: idiopathische Epilepsie. Mit einer speziellen Behandlung in Zusammenarbeit mit meiner Tierärztin erreichten wir, was keiner zu hoffen gewagt hatte, eine komplette Anfallsfreiheit von Louis, die bis zu seinem Lebensende Anfang dieses Jahres anhielt. In diesen 7 Jahren seiner Anfallsfreiheit beschäftigte ich mich sehr viel mit dem Thema Epilepsie beim Hund. Die tiefe Dankbarkeit, ­Hilfe bekommen zu haben, haben meinen Mann und mich ­letztes Jahr nicht nur bewogen, eine Hündin aus dem Tierschutz zu übernehmen, die Epileptikerin ist, sondern auch ein rasseübergreifendes Forum für Hundebesitzer mit Epilepsie-Hunden zu gründen (www.epiforum.de).
Ich habe oft erlebt, wie sich Hundebesitzer zurück­ziehen, weil sie hören „warum tust du dir das an“ oder „der gehört doch eingeschläfert“ oder einfach nicht genug Informationen finden, um ihrem Hund helfen zu können. Epilepsie ist furchtbar, ich möchte mit diesem Forum eine Plattform bieten, auf der geholfen, informiert und aufgefangen werden kann, denn das Leid besteht nicht nur im Anfall und seiner Behandlung selber, es reicht leider sehr viel weiter. “
Beata Petry
D 22929 Köthelwww.epiforum.de

Wöchentliche Akupunktur und Homöopathie
Über eine erfolgreiche Therapie der Epilepsie ihres Hundes mit alternativen Heilmethoden berichtet Familie Wöckinger aus Oberösterreich:

 „Unser Hund Timi (2,5 Jahre) hat seit ­Sommer 2010 Anfälle. Nach dem ersten Anfall hatte er erst 2  Monate später wieder einen Anfall, dann wurden die Abstände der ­Anfälle immer kürzer, leider zuletzt wöchentlich. Nach sämtlichen ­Untersuchungen beim Tierarzt stellte man primäre Epilepsie fest. ­Vorerst wollten wir die Verabreichung von ­Antiepileptika noch vermeiden und eine „chemiefreie“ Alternative ­versuchen – mit Erfolg. Wöchentliche Akkupunktur bei einer Tierärztin, die auf Akupunktur spezialisiert ist, und die ­Zugabe von ­Globuli machen Timi seit 2 Monaten anfallsfrei. “
Fam. Wöckinger
A-4060 Leonding

Fazit der Diskussion
Dass die Epilepsie ein größeres Problem ist als bisher gedacht oder von Züchtern und Rasseklubs zugegeben, wurde durch die vielen Reaktionen auf den Epilepsie-Artikel von Anja Kläne in der März-Ausgabe von WUFF deutlich. Auch Klänes Kritik an Züchtern und Rassevereinen, Krankheitsdaten zu verheimlichen oder sie zumindest nicht ernst zu nehmen, wird, wie die Einsendungen zeigen, von mehreren Züchtern geteilt. Dass einige deswegen sogar aufgehört haben, zu züchten, ist starkes Indiz ihrer Ernsthaftigkeit und Lauterkeit. Dennoch wäre es verfehlt, nun Hundezüchter und Rassevereine in Bausch und Bogen zu verdammen. Vielmehr ist nun der kritische Welpenkäufer gefragt. ­Welpeninteressenten sollen sich ausführlich über einen Züchter, dessen Zuchthunde und die konkrete Verpaarung informieren und sich Gesundheitsdaten der Elterntiere und weiterer Ahnen vorlegen und idealerweise auch Informationen zu einer ev. schon bestehenden Nachzucht geben lassen. Alle diese mitgeteilten Fakten sollten auch im Kaufvertrag dokumentiert sein, um möglichst wahrheitsgemäße Angaben zu erhalten.

Nicht Verdammung der Hundezucht generell, sondern eine kontrollierte Zucht auf Gesundheit unter Einbeziehung modernen populationsgenetischen Wissens einerseits und kritische Hundekäufer andererseits – das ist das Fazit dieser Diskussion.