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Kupierte Ruten: Skandal in der Jagdhunde­szene aufgedeckt

Stolz präsentiert ein Züchter in einem Internet­forum ein Foto seiner Welpen. Einem Hundefreund fällt auf, dass die Ruten dieser Welpen kupiert sind. Das ist in Österreich lt. TSchG verboten, weil es eine Tierquälerei darstellt.
Der Hundefreund informiert den Österr. Hundehalter­verband (ÖHV), bei dem er Mitglied ist, und dieser erstattet Anzeige. Züchter und zuständiger Zuchtklub verweigern bis Redaktionsschluss eine Stellungnahme, der zuständige Dachverband ÖKV verurteilt das Kupieren zwar, hält aber nichts von Sanktionen gegen den Züchter und verweist dazu auf den Gesetzgeber.
Die Bezirkshauptmannschaft leitet schließlich ein Strafverfahren gegen den Züchter ein, bis zum Abschluss desselben gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

In einem Internetforum, dem Internationalen Deutsch Kurzhaar-Forum, macht ein Hundefreund einen interessanten Fund. Das Diskussionsthema, erstellt am 28. 7. 2010, titelt „Vorstellung: Zwinger von der Paura-Leithen“. Der Inhalt des Beitrages lautet: „Hallo! Letzte Woche war es so weit, unsere Hündin Branka hat gewölft. Zwölf gesunde Welpen erblickten das Licht der Welt. Neun Rüden und drei Hündinnen erfreuen unser Züchterherz. ­Mutter: Branka vom Schladholz Vater: Orpheus vom Innviertel, KS, Kontakt unter: ­Gerhard K. (Kontaktdaten sind der Red. bekannt), … anbei ein Foto ­unserer Welpen.“
Während, wie im Beitrag ­geschrieben, das „Züchterherz“ durch die 12 Welpen „erfreut“ wird, ist der Hundefreund beim Anblick der Fotos, die die Welpen zeigen, weniger erfreut, sondern sieht, was in Österreich durch das Bundestierschutzgesetz verboten ist: Den Deutsch Kurzhaar-Welpen waren die Ruten abgeschnitten worden, sie waren kupiert. Der ­Hundefreund informiert den Österreichischen Hundehalterverband ÖHV, dessen Mitglied er ist, darüber.

ÖHV erstattet Anzeige!
Unmittelbar nach Beginn der Recherchen durch das Hundemagazin WUFF wird der Forumseintrag mit dem Foto der kupierten Welpen gelöscht – doch zu spät, denn natürlich wurden Eintrag und Foto bereits als Beweis gesichert.

Der Österreichische Hundehalter­verband (ÖHV) erstattet am 4. 8. 2010 beim zuständigen Amts­tierarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Anzeige. Der Amtstierarzt antwortet am Tag darauf und kündigt an, sich der Angelegenheit anzunehmen. Auf Nachfrage des ÖHV teilt der Amtstierarzt am 10. 8. 2010 mit, dass er die Angelegenheit „überprüft und entsprechende Maßnahmen gesetzt“ habe, die Sache an die Rechtsabteilung im Hause weitergeleitet habe.

Wer hat kupiert?
Besonders interessant ist u.a. auch die Frage, wer denn die Ruten kupiert hat. Sollte dies ein Tierarzt gemacht haben, dann hat auch dieser sich strafbar gemacht. Bislang können wir diese Frage noch nicht beantworten, aber wir bleiben dran.

Dürftige Stellungnahmen
Der ÖHV bittet den betroffenen Züchter um eine Stellungnahme, doch bis Redaktionsschluss kommt keine Reaktion. Auch der zuständige Rasseklub, der Österr. Kurzhaarklub, sowie dessen Dachverband, der Österreichische Kynologenverband (ÖKV), ­wurden um Stellung­nahme gebeten und angefragt, welche Sanktionen ergriffen würden, wenn Züchter gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Der Rasse­klub hülllt sich in Schweigen, einzig der ÖKV nimmt zu diesem Fall am 18. 8. 2010 Stellung:

„Selbstverständlich verurteilt der ÖKV aufs Schärfste, wenn ein Züchter sich nicht an bestehende gesetzliche Regelungen und in diesem Fall insbesondere an das Kupierverbot hält. Auch die zuständige Verbandskörper­schaft, der Österr. Kurzhaarklub, der die Zuchtbetreuung inne hat, ist keineswegs mit der Vorgangsweise dieses Züchters einverstanden. Wenn Sie von Sanktionen sprechen, so müssen diese allerdings vom Gesetzgeber vorgenommen werden, da die Kontrolle der Einhaltung der in Österreich geltenden Gesetze nicht in die Kompetenz des ÖKV fällt. Der Züchter wurde vom ÖKV aufgefordert, eine Stellungnahme zu dieser Causa abzugeben. Dann wird gemeinsam mit dem Deutsch Kurzhaarklub die weitere Vorgangsweise abgeklärt.
Mit freundlichen Grüßen
Österreichischer Kynologenverband
Mag. Heliane Maissen-Jarisch“
(Anm. d. Red.: Leitung des
ÖKV-Zuchtbuchreferates)

Gilt Kupieren als Kavaliersdelikt?
Doch haben, wie Insider sagen, der ÖKV und viel mehr noch der ­zuständige Zuchtklub selbstverständlich ­Möglichkeiten, Züchter, die lt. TSchG tierquälerisch handeln, mit Sanktionen zu belegen. Dies wären bspw. ein Zuchtverbot oder zumindest eine Zuchtsperre für eine gewisse Zeit. Auch eine Weigerung, die Ahnentafeln für diesen kupierten Wurf auszustellen, sollte möglich sein. Aber möglicherweise, so die Vermutung von Insidern, hält man einen solchen mutmaßlichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz für ein Kavaliers­delikt und für nicht sanktions­würdig.

Strafverfahren gegen Züchter ­eingeleitet
Der ÖHV hat am 24.8.2010 erneut bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land nach dem Status ­dieser Angelegenheit nachgefragt und erhielt folgende Antwort:
„Im Zusammenhang mit den kupierten Welpen und dem Verdacht der Übertretung nach dem Tierschutzgesetz darf ich Ihnen bekannt geben, dass gegen die Züchter ein Strafverfahren nach dem TSchG eingeleitet wurde. Das Ermittlungsverfahren läuft derzeit und sind die Verdächtigen zur Vernehmung und Rechtfertigung ins Haus geladen. Ich ersuche Sie um Verständnis, dass wir aufgrund ­unserer Verpflichtung zur Amtsverschwiegen­heit keine weiteren Auskünfte zu dem Verfahren geben können.
Mit besten Grüßen
Bezirkshauptmannschaft Wels-Land“

Die WUFF-Redaktion wird diesen Fall weiter verfolgen und darüber berichten. Ein plausibler Grund, warum bei einem Wurf Deutsch Kurzhaar-Welpen (wie bei anderen Jagdhunden auch) die Rute um ein paar Zentimeter gekürzt werden muss, konnte im ­Rahmen der Recherchen nicht ­gefunden werden. Szenarien blutig geschlagener Ruten werden zwar gerne genannt, was aber eher in den Bereich „Jägerlatein“ fällt, wie ­Experten meinen.