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Mischlingshund als Rassehund verkauft?

In der Zoohandlung Pet Shop im 22. Bezirk in Wien erwarb Andric Dragoljub einen als rassereinen Rottweiler deklarierten Welpen. Für den vermeintlichen Rassehund bezahlte der Wiener 6.500 Schilling. Heute ist Tina vierzehn Monate alt und sieht einem Rotti ziemlich ähnlich. Reinrassig ist die Hündin nach Ansicht von Tierärzten und Kynologen aber mit Sicherheit nicht. Nun möchte der Käufer per Gericht eine Preisminderung einklagen.

Auch ein Schäfer dabei?
„6.500 Schilling sind ein bisschen viel für eine Mischlingshündin, auch wenn wir Tina sehr lieb haben und nicht mehr hergeben würden", beklagt sich der 22-jährige Wiener bei WUFF. Als er Tina im Alter von acht Wochen kaufte, wurde ihm im Geschäft versichert, dass es sich um eine reinrassige Rottweilerhündin aus der Privatzucht von Bekannten handeln würde. Dass das Hundebaby nicht kupiert war, störte Tierfreund Andric natürlich nicht. Doch im Laufe der kommenden Wochen und Monate wurde der stolze Rottibesitzer zunehmend unsicher, was die Rassereinheit seines Hundes betraf. Es zeigte sich bald sehr deutlich, dass da offenbar auch ein Nicht-Rotti an Tinas Zeugung beteiligt sein musste. Eventuell ein Schäfer, vermutet Andric. In der Annahme, von der Zoohandlung Pet Shop betrogen worden zu sein, stellte er die Besitzerin kurzerhand zur Rede. Immerhin hatte die Tierhandlung auch im Impfpass Rottweiler, black and tan, eingetragen.

Tierhändlerin wurde unwirsch
„So freundlich die Zoohändlerin beim Verkauf des Welpen war, so unfreundlich reagierte sie, als ich sie auf den Schwindel ansprach. Sie bestand darauf, dass beide Elternteile Rottweiler seien. Den Namen der züchtenden Freundin wollte sie mir aber auf keinen Fall geben. Sie bot mir allerdings an, die mittlerweile neun Monate alte Tina zurückzunehmen. Natürlich wusste sie genau, dass ich das niemals tun würde. Anschließend warf sie mich quasi aus dem Geschäft." Andric Dragoljub will sich diese Behandlung nicht gefallen lassen. Er besorgte sich ein Gutachten von Tierarzt Dr. Anton Mogeritsch aus Wien 20, in dem der Veterinär feststellt, „die Hündin Tina (…)entspricht in ihrer phänotypischen Ausprägung dem derzeit geltenden Standard der Hunderasse Rottweiler nicht. Die Rassereinheit dieses Hundes muss daher stark in Frage gestellt werden." Mit Hilfe eines Rechtsanwaltes will der Hundebesitzer jetzt gegen die Tierhandlung vorgehen.

Und wieder Pech
Doch die Geschichte von Andric Dragoljub ist hier noch nicht zu Ende. Seine Pechsträhne setzte sich fort, als er es das nächste Mal klüger machen wollte. Auf der Suche nach einem passenden Gefährten für seine Tina, natürlich unbedingt ein Rottweiler und diesmal ein „echter", pilgerte er in keine Tierhandlung sondern studierte den Anzeigenteil einer Tageszeitung. Er entdeckte das Inserat einer privaten Züchterin im Bezirk Melk (NÖ). „Am Telefon hörte sich alles sehr gut an und auch beim Lokalaugenschein gefiel mir die Dame sehr. Die beiden Zuchthündinnen waren freundlich und wurden gut gehalten. So entschied ich mich für den acht Wochen alten Aron und nahm ihn mit nach Hause. Der Welpe hatte keine Papiere, weil nur der Deckrüde welche besaß, und ich bezahlte deshalb „nur" 7.000 Schilling."

Eine Woche Tierklinik
Doch bereits nach einigen Tagen begannen laut Andric erste Probleme. Der Welpe wirkte schwach, hatte Durchfall und bekam schlecht Luft. Als sich der Zustand des Welpen nicht besserte, brachte er ihn in die Universitätsklinik in Wien, wo erst einmal Zwingerhusten und Tracheitis diagnostiziert wurde. Nach einer Woche stationärer Aufnahme durfte Andric seinen Hund wieder abholen. Doch dem Welpen ging es nicht besser, im Gegenteil. „Er hatte Husten, eitrigen Ausfluss, Durchfall, erbrach immer wieder und zeigte kaum Appetit." Mittlerweile völlig verzweifelt wandte sich Andric an den renommierten Wiener Tierarzt Dr. Herbert Burgstaller, der sofort reagierte und durch Konjunktivalabstrich eindeutig das Staupevirus nachweisen konnte. „Es ist ein Wunder, dass Aron überhaupt noch lebt", weiß sein Besitzer heute. „Nach dieser schrecklichen Diagnose brachte ich Aron mehr als zwei Wochen lang täglich in die Tierklinik. Dort erhielt er jedes Mal zwei bis drei Spritzen. Seine Venen waren von den vielen Injektionen schon total kaputt. Als es ihm langsam besser ging, musste ich über einen langen Zeitraum „nur" noch alle zwei bis drei Tage zum Tierarzt.

Braucht ständig Medikamente
Heute ist mein Hund neun Monate alt und über den Berg, doch ganz ohne Medikamente wird er wohl nie leben können." Mehr als dreißigtausend Schilling hat Arons Herrchen in den letzten Monaten bereits für ihn ausgegeben und sogar seinen Beruf vorübergehend an den Nagel gehängt, um ihn Tag und Nacht pflegen zu können. Doch nach wie vor leidet Aron an den Folgen der lebensgefährlichen Infektionserkrankung. Schon der kleinste ungewohnte Leckerbissen führt zu Durchfall, er hat Probleme mit der Atmung und eine akute Gelenks- und Knochenentzündung, indirekte Folgeschäden der Tierseuche. Bleiben wird Aron auch das sogenannte „Staupegebiss". Schwer enttäuscht ist Andric Dragoljub von der Züchterin, von der er sich schmählich im Stich gelassen fühlt. „Als ich ihr von der Staupeinfektion erzählte, hat sie mir geraten, Aron einzuschläfern bzw. mich zu fragen, woher das komme."

Tierarzt: „Es tut mir menschlich weh!"
Der behandelnde Tierarzt, Dr. Herbert Burgstaller aus Wien 2 bestätigte WUFF, dass Aron bei seiner Vorstellung in der Ordination in allem dem klinischen Bild eines Staupehundes entsprach. „Der Befund war eindeutig positiv. Der Rottweiler ist auch heute generell schwach, was seine Gesundheit betrifft, und es tut mir menschlich jedesmal weh, wenn er wieder mit einem neuen Problem bei mir erscheint. Derzeit ist er bei mir wegen eines orthopädischen Problems in Behandlung. Bei ihm ist es zu einer Überreizung des Immunsystems gekommen, überreizt durch die Grunderkrankung an Staupe." An eine Ansteckung bei der Züchterin glaubt Dr. Burgstaller nicht. „Die Inkubationszeit bei Staupe ist mit bis zu vierzehn Tage eingeschränkt, und wenn sein Befund an der Universitätsklinik negativ war, ist diese Vermutung auszuschließen." Dagegen könnte sich der Welpe laut Dr. Burgstaller leicht durch Kontakt mit anderen Hunden etwa beim Spielen im Augarten-Park angesteckt haben. „Junge Hunde, die einen Impfschutz erst aufbauen, sind besonders gefährdet. Denn wie Masern beim Menschen ist die Staupe in erster Linie eine Kinderkrankheit. Aron hatte einfach Pech."

Staupe durch Hundeimporte wieder im Ansteigen!
Dr. Burgstaller sieht den Hauptgrund für die seit Jahren wieder ansteigenden Zahlen bei Staupe und Parvovirose in der Tatsache der vielen importierten Hunde, egal ob es sich nun um illegale oder legale Importe in Zoogeschäften handelt. „Die Ansteckungsgefahr mit Staupe oder Parvovirose hat sich durch die Hundeimporte aus dem Osten massiv verschärft. Auch in meiner Tierklinik habe ich immer wieder Fälle von kranken Hunden aus Zoohandlungen. Derzeit behandle ich gerade einen kleinen schwarzen Spaniel aus Ungarn, der an Räude leidet. Ich habe dem Besitzer den Befund noch nicht mitgeteilt. Wenn die Erkrankungen der Zoohandlungshunde nicht zu massiv sind und die Heilungsaussichten gut, dramatisiere ich sie nicht, damit der Welpe nicht wieder in der Zoohandlung landet, sondern sein Zuhause behält. Was das Geschäft mit importierten Welpen betrifft, so wird auch hier der Markt von Angebot und Nachfrage bestimmt. Der Konsument entscheidet. Die Zoohändler können und müssen wir nicht überzeugen, wohl aber den Konsumenten."

Zweimal auf die Nase gefallen
So schließt sich der Kreis wieder. Wie und wann Rottweiler Aron sich mit Staupe infiziert hat, kann niemand genau sagen. Die Befürchtung, dass Tierhändler, egal ob es sich dabei um ordentlich verzollte oder geschmuggelte Ostimportwelpen handelt, die Hauptschuld an der Einschleppung von tödlichen Tierseuchen tragen, ist dagegen unwiderlegt. Und Rottweilerfreund Andric Dragoljub? Dass er gleich zweimal nacheinander Pech hatte, nimmt er mit Selbstkritik und einer Portion Zynismus. „Manche Leute müssen eben zweimal auf die Nase fallen. Heute weiß ich es besser. Aber ich denke mir, vielleicht kann ich anderen viel Leid ersparen, indem ich meine Geschichte erzähle."